
Müllverbrennung als Blaupause für Industrie? CO2-Forschung in Weisweiler gestartet
Dies ist ein Original-Beitrag aus der Eschweiler Filmpost vom 22.05.2024. Autor: Manuel Hauck
Sie haben großes vor und dafür stehen über 8 Millionen Euro bereit. Die Kooperationspartner von „ReCO2NWert“ haben nun den Startschuss eines Forschungsprojekts an der Müllverbrennungsanlage in Weisweiler (MVA) gefeiert.
Mittels biotechnologischer Prozesse soll ausgestoßenes CO2 für die Industrie nutzbar gemacht werden. So lässt sich das mehr als komplizierte Ziel von „ReCO2NWert“ auf den Punkt bringen. Wie dies gelingen kann, präsentierte Dr. Sarah Refai. Sie ist der koordinierende Kopf vom sogenannten „CLIB“ (Cluster industrielle Biotechnologie), in dem sich zahlreiche Forschungseinrichtungen und Unternehmen vereinen.
Blaupause MVA Weisweiler
Die MVA in Weisweiler soll als Blaupause für ein Verfahren fungieren, mit dem ein Zukunftsproblem gelöst werden könnte. CO2, das die Industrie für die Produktion benötigt, aber das nicht mehr aus fossilen Rohstoffen gewonnen wird, muss zwangsläufig aus anderen Quellen bezogen werden. Das bei der Müllverbrennung ausgestoßene Kohlenstoffdioxid kann eine Alternative sein. In den nächsten vier Jahren, in denen das Forschungsprojekt andauert, wird untersucht, wie CO2 in ein Produkt transformiert werden kann, um als Rohstoff von der Industrie genutzt zu werden. Dr. Refai skizzierte, dass in dem Verfahren mittels Bakterienstämmen zunächst Zwischenprodukte entwickelt werden, anschließend folgt eine enzymatische Aufwertung. Erkenntnisse aus einem vorherigen Projekt von „Stahlabgasen“ bei Thyssen-Krupp sollen in Weisweiler einfließen.
Strukturwandel-Baustein
Beteiligt sind neben Forschungseinrichtungen – darunter die RWTH, die Ruhr-Uni Bochum und das Fraunhofer-Institut – Unternehmen wie Babor. Letzteres wirkt allein mit vier Mitarbeitern mit, und ist nicht nur stolz, den Strukturwandel im Rheinischen Revier zu unterstützen, sondern erhofft sich auch nutzbare Ergebnisse für die eigene Produktion. CO2 effizient zur Anwendung bringen, unter anderem um ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit zu erreichen, brachte es Dr. Refai als Projektleiterin des CLIBs auf den Punkt.
An deren Ausführungen schlossen sich beim feierlichen Startschuss verschiedene Spitzen an. So unterstrich Bürgermeisterin Nadine Leonhardt, dass in Eschweiler die europäische Industrialisierung mitbegonnen hat. Zudem seien im Laufe der Zeit Momente, als man industrielle Verfahren umstellen konnte und musste, nie verpasst worden. Dass ein solcher Zeitpunkt jetzt ansteht und von öffentlichen Geldern (Bundesministerium für Bildung und Forschung vermittelt über das Land NRW) gefördert wird, betonte Kirsten Bender als Abteilungsleiterin im nordrheinwestfälischen Wirtschafts- und Industrieministerium. Das Landesziel sei es, dass NRW der erste klimaneutrale Industriestandort in ganz Europa wird.
Dass die MVA Weisweiler dabei eine zentrale Rolle einnimmt, freute vor allem Andreas Fries (Geschäftsführer der MVA) sowie Dr. Thomas Griese, stellvertretender Vorsitzender des ZEW (Zweckverband Entsorgung West). Sie nannten abseits des aktuellen Forschungsprojekts Bemühungen seitens der MVA, nachhaltig zu arbeiten sowie Energiespar-Potentiale zu nutzen und auszubauen. Zudem engagiere man sich im Bereich der kommunalen Fern- und Nahwärmeversorgung, vor allem vor dem Hintergrund der baldigen Kraftwerksschließung.
Optimismus
Das Potential für „ReCO2NWert“ ist bei einem jährlichen CO2-Ausstoß der MVA von 150.000 Tonnen zweifelsohne vorhanden. Die Kooperationspartner des „CLIB“ sind optimistisch, dass Weisweiler Ergebnisse für eine Plattformtechnologie führt, die auch auf andere Bereiche angewendet werden kann.